Die Landeskirchen und wir …

Was – oder besser – wer ist ein Christ ?

Es ist wichtig zu verstehen, dass jemand nicht einfach Christ ist, weil er in ein «christliches Land» oder in ein «christliches Zuhause» hineingeboren wurde. Niemand auf dieser Welt wird als Christ geboren.
Selbst wenn eine Person – feinfühlig und mit ausgeprägtem Gerechtigkeitssinn – christlich, moralischen Werten nachlebt und christliche Lehren schätzt, macht das diese Person deshalb nicht zu einem «Christen». In der Bibel lesen wir, dass der Apostel Paulus im Brief an die Römer nicht weniger als siebenundzwanzig Mitglieder der christlichen Gemeinschaft in Rom persönlich grüssen lässt – jeden davon entweder mit «in CHRISTUS JESUS» oder «in CHRISTUS» oder «im HERRN» … Römer 16 / 1 – 16

„In CHRISTUS“ zu sein heisst, im Rahmen einer sehr engen, sehr persönlichen Beziehung mit IHM verbunden zu sein … und JESUS selbst hat dies‘ mit SEINEM Gleichnis vom wahren Weinstock auch sehr deutlich gemacht ; Johannes 15 / 4 Aus dieser bildlichen Rede geht eindeutig hervor : „In CHRISTUS“ zu sein und zu bleiben heisst, in einer lebendigen, wachsenden Beziehung mit JESUS zu leben … und in der Sprache des Neuen Testaments ist ein Mensch „in CHRISTUS“ schlicht und einfach Christ …
„In CHRISTUS“ sein, im HERRN sein, mit JESUS vereint sein ist unverzichtbarer Bestandteil christlicher Identität. Niemand kann ohne diese Identität Christ sein, auch wenn unsere Vorstellungen und Erfahrungen auseinandergehen mögen. Man kann Verständnis dafür aufbringen, dass man darüber redet, wie sich das «Christsein» auf unser Leben auswirkt. Dass wir uns aber nach zweitausend Jahren immer noch darüber streiten, was einen Menschen überhaupt zum Christen macht, ist seltsam. Die verschiedenen Kirchen mit ihren unterschiedlichen Traditionen beharren auf unterschiedlichen Standpunkten.
Die römisch-katholische und die orthodoxen Kirchen betonen die Notwendigkeit der Taufe und der Mitgliedschaft in einer historischen Konfession, Evangelische Christen unterstreichen die Notwendigkeit eines persönlichen Glaubensaktes als Antwort auf das Evangelium. Pfingstler berufen sich auf den Empfang der Taufe im Heiligen Geist. Anhänger einer eher liberalen Tradition sehen in JESUS im Grunde den, der für andere lebte ; für sie sind Werke der Barmherzigkeit sowie das Streben nach sozialer Gerechtigkeit die entscheidenden Merkmale echter JESUS-Nachfolge …

Völlig unabhängig aller Wesensmerkmale dieser unterschiedlichen Glaubens-Gruppen sollte festgehalten werden, dass «Christsein» – JESUS selbst und den Aposteln zufolge – nicht mit Getauft sein und nicht mit Kirchenmitgliedschaft gleichgesetzt werden darf … nicht mit Zulassung zum Abendmahl, nicht mit einer Zustimmung zum apostolischen Glaubensbekenntnis und auch nicht mit dem Versuch, sich nach der Bergpredigt zu richten ! Das alles sind zwar unerlässliche Bestandteile eines Christenlebens, doch kommen sie, für sich allein betrachtet, einem leeren Schmuckkasten gleich, aus dem der Schmuck verschwunden ist, der Schmuck ist JESUS CHRISTUS selbst

Christ zu sein heisst in aller erster Linie, mit JESUS CHRISTUS vereint zu sein. Taufe, Glaube und Verhalten sowie alle grossartigen Segnungen, die diese Beziehung mit sich bringt, ergeben sich danach als ganz natürliche Folgen davon …

Dieser Text enthält teilweise Ausschnitte aus dem Buch »JESUS – der Eine, den wir brauchen« von John Stott …